Wir behaupten einfach mal, dass Sie, da Sie sich gerade diesen Artikel ansehen, zu der Sorte Mensch wie wir gehören, die ohne eine ordentliche Dosis Koffein morgens nicht aus dem „Quark“ kommt. Koffein ist unser Treibstoff, warum trinken viele Menschen also entkoffeinierten Kaffee? Was ist das eigentlich für Kaffee und wie beziehungsweise womit müssen Kaffeebohnen behandelt werden? Ist dieser Kaffee gesund oder ungesund?
Kaffeeherstellung beeinflusst Qualität und Geschmack
Wir haben im direkten Umfeld zwei Freunde, die entkoffeinierten Kaffee trinken. Diese waren viele Jahre „normale“ Kaffeetrinker wie wir und sind dann umgestiegen. Der Grund für den Umstieg war ein steigendes Unbehagen im Magen, welches sich nach und nach steigerte. Vielleicht eine Folgeerscheinung zu starken Kaffee-Konsums? Sicherlich ist die Häufigkeit bzw. Menge des getrunkenen Kaffees auch Schuld an den genannten Beschwerden, allerdings liegt die Hauptursache ganz wo anders. Und zwar in der Kaffeeherstellung bzw. im Röstprozess.
Nachteil des Schnellröstverfahrens
Viele günstige Kaffeesorten werden mithilfe eines Schnellröstverfahrens hergestellt, bei dem viele Bitterstoffe in der Bohne zurückbleiben, die wiederum bei empfindlicheren Mägen zu Beschwerden führen können. Hier gilt prinzipiell, lieber etwas mehr Geld für die Kaffeebohnen in die Hand zu nehmen. Bei vielen teureren Kaffees, ist der Grund für den Preis der Herstellungsprozess. Damit die Bittersoffe und Säuren auf ein Minimum gesenkt werden können, müssen die Bohnen längere Zeit in einem Trommelröster bei niedriger Temperatur geröstet werden. Das kostet Zeit und Energie, was sich natürlich auch im Endpreis bemerkbar machen „muss“.
Der koffeinfreie Kaffee - eine Idee des 20. Jahrhunderts
Ludwig Roselius hat im Jahr 1903 als erster ein Verfahren entwickelt, welches die Herstellung koffeinfreien Kaffees ermöglichte. Das Verfahren benannte der Bremer Kaffeehändler dementsprechend Roselius-Verfahren. Der Händler war der Gründer des Unternehmens Kaffee HAG.
Aber wie kam er auf die Idee? Der Grund hierfür war der zu frühe Tod seines Vaters mit knapp 60 Jahren. Eine Vermutung der damaligen Ärzte für das frühe Ableben war ein zu hoher Kaffeekonsum. Daraufhin begann Ludwig Roselius damit, intensive Forschungen anzustellen, die die Wirkung von Koffein auf den menschlichen Körper und dessen Gesundheit als Ziel hatten. Nach drei Jahren Forschung hatte er das oben genannte Roselius-Verfahren entwickelt und patentieren lassen.
Wie funktioniert das Roselius-Verfahren?
Zu Beginn des Verfahrens wurden ganze Bohnen zunächst in Salzwasser eingelegt, wodurch diese aufzuquellen begannen. Anschließend wurde dann mit Zuhilfenahme von Benzol das Koffein aus den Bohnen extrahiert. Wenn Sie jetzt der Meinung sind, dass sich Benzol im Zusammenhang mit Lebensmitteln nicht wirklich unbedenklich anhört, liegen Sie richtig. Heute wissen wir, dass Benzol krebserregend ist, weswegen dieses Verfahren der Entkoffeinierung so keine Anwendung mehr findet.
Entkoffeinierter Kaffee: Herstellung ohne Chemie
Aber auch heute sind die Verfahren nicht ganz einfach und oder unschädlich. Mittlerweile gibt es viele Wege um Kaffeebohnen zu entkoffeinieren. Unter Ihnen gibt es auch einen, der ohne chemische Zusätze stattfindet. Das Verfahren ist sehr aufwendig und heißt Schweizer-Wasser-Prozess. Hier ist zu Beginn das Ziel, aus den Kaffeebohnen alle Bestandteile herauszulösen. Dazu werden die Bohnen über einen längeren Zeitraum in heißes Wasser eingelegt. Das Wasser mit den sich herausgelösten Bestandteilen der Kaffeebohnen wird nach diesem Vorgang weiterverwertet und die zuvor verwendeten Bohnen werden entsorgt.
Nun muss das im Wasser enthaltene Koffein entfernt werden. Dies geschieht mithilfe eines Kohleaktivfilters. Durch diesen Filter wird mit Druck das Wasser gepresst und das Koffein somit entfernt. In das nun von Koffein befreite Wasser, werden frische Kaffeebohnen zugegeben. Da dem Wasser im ersten Vorgang die wichtigen Kaffeebestandteile „mitgegeben“ wurden, kann nun aus den neuen Kaffeebohnen ausschließlich das Koffein entfernt werden. Dies kann beliebig oft wiederholt werden. Ein Kaffee darf sich laut EU-Richtlinie erst dann entkoffeiniert nennen, wenn er einen Koffeingehalt von maximal 0,1 % hat. Das Schweizer-Wasser-Prozess Verfahren findet kaum noch Anwendung, da der Prozess zu teuer (Bohnen-, Wasser-, Energieverschleiß) und somit auch nicht unbedingt gut für die Umwelt ist.
Entkoffeinierungsverfahren mit Chemie
Meistens werden in der heutigen Verfahrensweise des Entkoffeinierens, Lösungsmittel eingesetzt. Dies ist leider nicht unbedenklich. Ein Großteil der industriell hergestellten koffeinfreien Kaffees werden wie folgt behandelt/hergestellt. Die frischen Kaffeebohnen werden wie beim Schweizer-Wasser-Prozess über einen längeren Zeitraum in heißes Wasser gegeben oder mit Wasserdampf zum Quellen gebracht. Anschließend werden die aufgequollenen Bohnen einen halben Tag lang mit Lösungsmitteln versetzt. Dabei finden zwei Lösungsmittel am häufigsten Anwendung.
Ethylacetat ist das am häufigsten verwendete Mittel. Dieses wird in der Industrie bevorzugt verwendet, da es auch aus Gemüse und Obst extrahiert werden kann und somit als natürlich gilt. Nachdem das Koffein durch den Lösungsprozess entfernt wurde, werden die Bohnen getrocknet. Die Trocknung trägt dazu bei, dass sich die in den Bohnen befindlichen Mittel verflüchtigen. Und hier entsteht unserer Meinung nach ein Problem. Nicht alle Bestandteile der Lösungsmittel verflüchtigen sich. Somit bleiben kleinste Rückstände in der Bohne enthalten. Derzeit gibt es noch keine Studien, wie sich diese verbleibenden Rückstände auf die Gesundheit auswirken.
Ein zweites häufig verwendetes Lösungsmittel heißt Dichlormethan. Hört sich ungesund an und ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch. Diesem Mittel wird nachgesagt krebserregend zu sein und sollte unserer Meinung nach nicht bei der Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt werden.
Unser Experten-Tipp:
Wenn Sie sichergehen wollen, dass in Ihrem gekauften entkoffeinierten Kaffee nicht Dichlormethan sondern Ethylacetat als Lösungsmittel verwendet wurde, müssen Sie auf den Packungshinweis „natürlich entkoffeiniert“ achten.
Unser Fazit zu entkoffeiniertem Kaffee
Die Prozesse zur Herstellung von koffeinfreien Kaffee haben sich zwar vom frühen 20. Jahrhunderts bis heute verbessert, dennoch sind zum Beispiel die Vorgehensweisen und Prozesse zur Herstellung chemiefreien Kaffees zum Großteil ineffizient und auch nicht wirklich umweltfreundlich. Die heute am häufigsten eingesetzten Verfahren finden mithilfe von Lösungsmitteln statt und sind dadurch gesundheitlich ebenfalls bedenklich.
Koffeeinhaltiger Arabica-Kaffee als Alternative
Unser Experten-Tipp:
Testen Sie einfach mal einen etwas teureren koffeeinhaltigen 100% Arabica-Kaffee, bei dem die Bohnen im schonenden Trommelröstverfahren bei niedriger Temperatur geröstet wurden. Diese sind für die meisten Mägen um einiges verträglicher und könnten schon zur Lösung Ihres Problems führen. Die Verwendung eines Kaffeevollautomaten ist ebenfalls ratsam.